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  • Ankündigung
11. März 2024

Die Arbeitsgruppe des deutschen Einzelhandels zu existenzsichernden Löhnen und Einkommen (EH-AG), bestehend aus ALDI Nord, ALDI Süd, dm-drogerie markt, Kaufland und REWE Group, hat 2023 verschiedene Pilotaktivitäten im Rahmen des Projektes „Towards Living Wages in the Banana Sector“ durchgeführt. Die Aktivitäten, die zum Teil gemeinsam mit Rainforest Alliance und Fairtrade durchgeführt wurden, zielten darauf ab, Mechanismen zu testen, mit denen die Einzelhändler Farmen bei der Schließung von Lohnlücken finanziell unterstützen können. Die Lernerfahrungen hat die Gruppe nun in einem Report zusammengefasst, der hier einsehbar ist.

Lernerfahrungen 2023

Zu den wichtigsten Lernerfahrungen der Pilotaktivitäten gehören:

Herausforderungen bei der Lohndatenerhebung:
Die Erhebung und Überprüfung von Lohndaten erwiesen sich als schwierig, da unterschiedliche Systeme für die Entlohnung im Bananensektor, die Berechnung des existenzsichernden Lohns sowie die Gehaltsabrechnung genutzt werden, was zu Ungenauigkeiten bei der Ermittlung des existenzsichernden Lohns führte.

Komplexität der Tools:
Die IDH Salary Matrix für die Lohndatenerhebung sowie das GIZ-Tool zur Berechnung des existenzsichernden Lohns und damit der Kosten für den Betrieb wurden als komplex und für die Erzeuger schwierig zu handhaben empfunden, was zu einer geringeren Datenqualität führte.

Fehlende Anreize für Produzenten:
Den Erzeugern fehlten Anreize, sich an der Datenerhebung und allgemein an den Bemühungen um existenzsichernde Löhne zu beteiligen, was die Notwendigkeit von Belohnungsmechanismen zur Förderung des Engagements unterstreicht. Die Arbeitsgruppe hat viele Dialoge mit unterschiedlichen Stakeholdergruppen, allen voran Produzenten, geführt, um hier möglichst partizipativ zu agieren und zu verstehen, welche Anreize wichtig sind. In diesen Dialogen wurde immer wieder die Notwendigkeit nachhaltiger Beschaffungspraktiken hervorgehoben, um Produzenten langfristige Sicherheit zu geben.

Methodische Ungewissheiten:
Es tauchten Fragen bezüglich der Einbeziehung oder des Ausschlusses von sogenannten „severance payments“ und anderen Zahlungen in die Lohnberechnungen auf, was sich auf die Genauigkeit der Bewertungen existenzsichernder Löhne auswirkte.

Verteilung der Zahlungen:
Es wurden Herausforderungen bei der Verteilung und Rückverfolgung von freiwilligen Beiträgen an die Arbeitnehmer:innen festgestellt, wobei die Erzeuger aufgrund rechtlicher Beschränkungen Sachleistungen gegenüber Geldprämien bevorzugten.

Erweitertes Pilotprogramm 2024

Die EH-AG geht im Jahr 2024 auf diese Lernerfahrungen ein und zielt mit einem erweiterten Pilotprogramm für existenzsichernde Löhne darauf ab, konkrete Lösungsansätze zu entwickeln und testen, um darauf aufbauend langfristige, skalierbare Lösungen zu entwickeln. Das Living Wage Piloting Programme (LWPP) wurde in einem partizipativen Prozess entwickelt und wird seit Januar 2024 mit ca. 25 Produzenten und weiteren Lieferkettenpartnern umgesetzt.

Das Programm umfasst umfangreiche Trainingsangebote zum Aufbau der Kapazitäten für Lieferkettenpartner zu verschiedenen Themen, die Vereinfachung der Tools, die Erhebung und Verifizierung der Lohndaten sowie die Schaffung von Anreizen für die Teilnahme, z.B. über die Erstellung eines Leitfadens für nachhaltige Beschaffungspraktiken, inklusive einer Zahlung von finanziellen Beiträgen zur Lohnlückenschließung. Außerdem hat das Programm zum Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren und Interessensgruppen zu stärken und bietet daher regelmäßige Formate für den Lernaustausch an. Eine Übersicht über das LWPP findet sich unten angehängt.

Den Mitgliedern der EH-AG ist es dabei wichtig, einen gut abgestimmten Ansatz zu verfolgen, um ihren Lieferkettenpartnern die Zusammenarbeit zu erleichtern. Aufgrund der Lernerfahrungen aus 2023 hat sich die EH-AG bewusst dafür entschieden, das Programm in einem kleineren Rahmen umzusetzen und damit die enge Einbindung und Konsultation der beteiligen Akteure zu ermöglichen. Ziel ist es, damit gemeinsam an einer Weiterentwicklung und Skalierung des Ansatzes der EH-AG zu arbeiten. Darüber hinaus setzt sich die Arbeitsgruppe für einen konstruktiven Dialog innerhalb des Weltbananenforums ein, um die Herausforderungen zu adressieren und mit allen Stakeholdern relevante Fragestellungen zu bearbeiten. 

Sowohl die Pilotaktivitäten als auch das nachfolgende Living Wage Piloting Programm bilden nur einen kleinen Teil des Projektes „Towards Living Wages in the Banana Sector“ ab. Parallel wird in Ecuador, Kolumbien und Costa Rica, drei der wichtigsten Erzeugerländer für den deutschen Markt, zum Thema „Decent Work“ gearbeitet und dabei Veranstaltungen zur Einbindung der lokalen Akteure und Aktivitäten zur Stärkung von Arbeitnehmervertretungen umgesetzt. Die EH-AG ist überzeugt, dass Arbeitnehmervertretungen und Gewerkschaften in der langfristigen Sicherung von existenzsichernden Löhnen eine zentrale Rolle zukommen.