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24. Januar 2023

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe des deutschen Einzelhandels zu existenzsichernden Einkommen und Löhnen ALDI Nord, ALDI SÜD, Kaufland, REWE Group und dm-drogerie markt  haben die erste Lohnlückenanalyse im Bananensektor Ecuadors durchgeführt. Die teilnehmenden Produzent*innen haben geringe Lohnlücken bei weniger als 1 Prozent der Arbeiter*innen berichtet. Dies unterstreicht, dass Ecuador eine Vorreiterrolle in Hinblick auf die Zahlung existenzsichernder Löhne im Bananensektor einnimmt. Eine solide Verifizierung der Daten vor Ort bleibt aber essenziell. Welche Ansätze dafür geeignet sind plant die Arbeitsgruppe in diesem Jahr zu erforschen. Ecuador dient für das erste Projekt der AG als wichtige Blaupause, um Best Practices auf weitere Produktionsländer des Bananensortiments der Einzelhändler zu übertragen.

Lohnlückenanalyse schafft Transparenz im Projekt zu existenzsichernden Löhnen im Bananensektor

Das erste gemeinsame Projekt der Arbeitsgruppe des deutschen Einzelhandels hat die Förderung existenzsichernder Löhne und menschenwürdiger Arbeit im Bananensektor zum Ziel. Bis 2025 soll jedes Mitglied mindestens 50% seiner gesamten Bananenvolumina für den deutschen Markt als "Living Wage Banane" beziehen. Aufgrund komplexer Lieferketten, meist indirekter Geschäftsbeziehungen und dem Fehlen funktionierender Instrumente zur Erfassung und zum Vergleich von Lohndaten hatten die Einzelhändler nur begrenzte Transparenz über die Lohnsituation der Arbeiter*innen in ihren Bananenlieferketten. Daher war eine Analyse der vorherrschenden Löhne und der potenziellen Lücken zu den existenzsichernden Löhnen ein wesentlicher Schritt, um Transparenz zu schaffen, die sozialen Risiken in der Lieferkette zu verstehen und Lösungen zur Verbesserung der Lohn- und Arbeitssituation der Arbeiter*innen zu finden.

Die Arbeitsgruppe entschied sich, ihre Umsetzungsaktivitäten in Ecuador zu beginnen, da das Land als Beschaffungsland für die teilnehmenden Einzelhändler sowie für den deutschen Markt insgesamt von großer Bedeutung ist (15 % der deutschen Bananenimporte stammten 2020 aus Ecuador, FAO 2021). Weitere Faktoren für die Auswahl waren die starken Organisationen des Sektors und die Fortschritte auf dem Weg zu existenzsichernden Löhnen als Ergebnis der ecuadorianischen salario digno-Politik. In Ecuador sind die landwirtschaftlichen Betriebe dazu verpflichtet den salario digno einzuhalten, d. h. ihren Arbeiter*innen einen existenzsichernden Lohn für eine 40-Stunden-Woche zu zahlen. Die in Ecuador gewonnenen Erkenntnisse werden in den kommenden Jahren als Blaupause für die Übertragung bewährter Verfahren auf weitere Beschaffungsländer und Rohstoffe dienen. 

Lohnlückenanalyse weiterer wichtiger Meilenstein des Projekts

Die Durchführung einer Lohnanalyse gehört zu den wichtigsten Meilensteinen der Roadmap des Projekts, die der AG als Leitfaden zur Förderung existenzsichernder Löhne und menschenwürdiger Arbeit im Bananensektor dient. Mit Hilfe der IDH Salary-Matrix wurden die Löhne von den Produzent*innen selbst erfasst, um sie mit der Living Wage-Benchmark zu vergleichen. Mit Living Wage ist die Entlohnung, die Arbeitnehmer für eine normale Arbeitswoche erhalten sollten, damit diese für sich und ihre Familie einen angemessenen Lebensstandard sichern können, gemeint.

78 Betriebe nahmen an dieser Analyse teil. Die von diesen Betrieben bezogenen Mengen entsprechen 64 % der gesamten Bananenmenge, die die teilnehmenden Einzelhändler für den deutschen Markt aus Ecuador beziehen. Alle teilnehmenden Farmen waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung entweder Rainforest Alliance und/oder Fairtrade zertifiziert. Wichtig zu beachten ist, dass weder die Stichprobe der Farmen noch die Ergebnisse dieser Lohnanalyse als repräsentativ für den ecuadorianischen Sektor angesehen werden sollten, da nur Farmen einbezogen wurden, die die teilnehmenden deutschen Einzelhändler beliefern.   

Vorreiter Ecuador: Nur wenige Arbeiter*innen verdienen keinen existenzsichernden Lohn 

Die teilnehmenden 78 Betriebe repräsentieren eine Gesamtzahl von 5.932 Beschäftigte, darunter 812 Frauen. 35 der 78 von den Farmen selbst übermittelten Salary-Matrizen wurden auf Plausibilität geprüft, jedoch nicht vor Ort verifiziert. Insgesamt lagen weniger als 1% der Arbeiter*innen unter dem Living Wage. Wurde eine Lohnlücke ermittelt, lag diese durchschnittlich bei 9,62%, wobei sie bei Männern mit durchschnittlich 9,81 % etwas größer ausfiel, als bei den Frauen mit 8,31%. 

Neben den Lohnlückenergebnissen ist eine wichtige Erkenntnis der Analyse, dass mehr Transparenz und eine Vor-Ort-Überprüfung der selbst gemeldeten Lohndaten durch Befragung der Arbeitnehmer*innen und Überprüfung von Dokumenten entscheidend sind, um valide Ergebnisse zu gewährleisten. Dies ist besonders wichtig für eine erfolgreiche Ausweitung des Projekts auf weitere Herkunftsländer. Darüber hinaus wurden aus der Lohnanalyse wertvolle Erkenntnisse gewonnen, wie der Prozess der Erhebung und Validierung von Lohndaten weiter verbessert werden kann.  

Die IDH Salary-Matrix erwies sich als ein nützliches Instrument für die Selbstauskunft. Im Rahmen dieser Lohnanalyse wurden nützliche Lernerfahrungen und Verbesserungsmöglichkeiten für das Tool identifiziert und mit IDH geteilt, um sie in der kommenden Version der Lohnmatrix aufzugreifen. 

Nächste Schritte für noch mehr Transparenz  

Die Arbeitsgruppe ist bestrebt, einen soliden Ansatz zur Überprüfung von selbstberichteten Lohndaten vor Ort zu entwickeln, der sich in erster Linie auf die bestehenden Überprüfungsmechanismen von Zertifizierungsorganisationen wie Rainforest Alliance und Fairtrade stützt. Darüber hinaus wird die Arbeitsgruppe ergänzende Lösungen, wie z. B. zusätzliche Audits und die Einbindung von Arbeitnehmervertretungen prüfen. Da in einem nächsten Schritt der Kreis der Länder über Ecuador hinaus erweitert werden soll, sind weitere Lohnanalysen und eine Ausweitung der Lohnmatrix auf 100 % der Bananenvolumina der Arbeitsgruppenmitglieder geplant.   

Wenn auf einer Plantage Lohnlücken zu einem existenzsichernden Lohn festgestellt werden, wollen die Einzelhändler dazu beitragen, diese Lücken zu schließen, indem sie einen individuellen Preisaufschlag entsprechend den Bezugsmengen zahlen. Um Lohnlücken angemessen zu analysieren und sicherzustellen, dass diese langfristig und vollständig geschlossen werden, sind jedoch gemeinsame Anstrengungen der gesamten Lieferkette erforderlich. Die Einzelhändler sind sich dieses zusätzlichen Arbeitsaufwands für die Lieferkettenpartner bewusst und werden im ersten Schritt insbesondere für Produzent*innen Optionen für zusätzliche Unterstützung prüfen. Darüber hinaus will die Arbeitsgruppe Lösungen finden, um ihre Roadmap für existenzsichernde Löhne besser an die Situation von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern anzupassen.  

Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an: Nina Kuppetz nina.kuppetz@giz.de